Über den Tod hinaus

Die Gemeinschaften um Philipp Berrigan attackieren mit radikalen gewaltfreien Aktionen die politischen, militärischen und ökonomischen Krebszentren der Gesellschaft (nicht nur in den USA). In ihren Hospiz-Gemeinschaften haben sie für die Krebsopfer Orte geschaffen, nicht nur für eine "Kultur des Leidens" (Ivan Illich) sondern auch für ein engagiertes Leben bis zu ihrem - oft zu frühen - Tod . Direkt oder indirekt starben unsere Freunde und Weggefährten, denen wir auf dieser Seite gedenken, an den unterschiedlichen Krebsübeln dieser Welt. Sie haben uns aber vieles hinterlassen, das - nicht nur in unserer Arbeit - weiterwirkt.

Philip Berrigan (1923 - 5.12.2002)

"Als ich an Krebs starb..." Letzte Botschaft, niedergeschrieben von Elizabeth McAlister am 5. Dezember 2002

"Ich sterbe in einer Gemeinschaft, die meine Familie umfasst, meine geliebte Frau Elisabeth, drei großartige Benediktinerschwestern - Ardeth Platte, Carol Gilbert und Jackie Hudson (emeritiert), die im westlichen Colorado im Gefängnis sind - Susan Crane, lokale, nationale und sogar internationale Freunde. Sie sind für mich immer Lebensrichtschnur gewesen. Ich sterbe in der Überzeugung, die ich seit 1968 und Catonsville beibehalten habe, daß Nuklearwaffen die Geißel der Erde sind; für sie Bodenschätze zu fördern, sie herzustellen, sie zu stationieren und einzusetzen ist ein Fluch gegen Gott, die menschliche Familie und die Erde selbst. Wir haben diese Waffen schon 1945 in Japan gezündet, Äquivalente davon 1991 im Irak, 1999 in Jugoslawien und 2001 in Afghanistan. Wir haben anderen Völkern das Erbe tödlicher radioaktiver Isotope hinterlassen - die beste Maßnahme, Widerstand zu unterdrücken. Beispielsweise werden die Menschen im Irak, in Jugoslawien, Afghanistan und Pakistan für Jahrzehnte mit Krebs zu kämpfen haben, der meist auf abgereichertes Uran zurückgeht. Darüberhinaus hat unser nukleares Abenteuertum über 57 Jahre lang den Planeten mit nuklearem Müll von Atomtests, Detonationen in größer Höhe (insgesamt vier), 103 Atomkraftwerken, Nuklearwaffenfabriken, die nicht gesäubert werden können usw. beladen. Aufgrund kurzsichtiger politischer Führung, der Habgier nach Besitz, einer an gleichgeschaltete Medien gekettete Öffentlichkeit hat es praktisch keine Antwort auf diese Tatsachen gegeben..."

Dieser durch den Tod - in Baltimore (USA) - unvollständig gebliebene Text und weitere von den Berrigan-Brüdern und weiteren "Pflugschar"-Aktivisten in Amerika und Europa sowie Aktionsinformationen sind erhältlich bei: Lebenshaus Schwäbische Alb, Bubenhofenstr. 3, D-72501 Gammertingen, Tel.: ++49-7574-2862, www.lebenshaus-alb.de.

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Ivan Illich (1926 - 2.12.2002)

Ivan Illich schrieb an Helmut Becker am 19.11.1992: "Früher, da verliess man die Welt beim Sterben. Bis dahin stand man in ihr. Wir gehören beide zur Generation derer, die noch 'auf die Welt' gekommen sind, und die jetzt doch bedroht sind, bodenlos zu sterben. Wir - ungleich anderen Generationen - haben den Bruch mit der Welt erlebt..." Der provozierende Forscher Ivan Illich, hat nicht nur die technokratisierte Bildungs- und Arbeitsgesellschaft - auch die medizinischen Experten - radikal hinterfragt.

Seit Leopold Kohrs Symposium, 1982 in Salzburg, hatten auch wir Kontakt mit ihm. Seine Freunde von der Universität Bremen, die mit ihm bis zu seinem Tod seine Seminare organisierten und mit ihm zusammenlebten dokumentieren dies auf: www.pudel.uni-bremen.de. Viele seiner Bücher sind in der Taschenbuchreihe des C.H.Beck Verlages erhältlich. Englische Texte stehen im "Ivan Illich Archive": www.preservenet.com/theory/Illich.html

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Milan Machovec (1925 - 15.1.2003)

Im Dezember 1968 machte er uns als Philosoph aus Prag und Redner bei der - von uns mitorganisierten - Salzburger Friedensfeier mit dem (christlich-marxistischen) Ost-West-Dialog vertraut. Aber auch mit den Visionen und Risiken der Arbeit für Frieden, Menschenrechte, Umwelt, "grüne" Politik und vieles mehr, die seither auch unser Engagement prägten. Konnte er bis 1989 nur in Untergrundseminaren seine Schüler bilden, so wurde er nachher als Professor an der Prager Universität das große Vorbild der Studenten. Bei unserem letzten Treffen im September 1990 hatte er sie - zur IMF- und Weltbank-Tagung - vor der neoliberalen Globalisierung gewarnt. (Siehe auch "Buchtipps" Seite 7)

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Winfried Bergermann (3.9.1945 - 18.2.-2003)

In den zwanzig Jahren unserer Freundschaft und Zusammenarbeit war er es, der uns als Psychologe, Therapeut und Trainer in Methoden eines gewaltfreien Zusammenlebens geholfen hat, die Spannungen und Konflikte in uns und mit den anderen konstruktiv zu bewältigen - in Seminaren und vor allem auch im privaten Erfahrungsaustausch mit ihm in München. Das Grundthema seines ersten Seminars (1984) "Von der Aggression zum Engagement - Ungehorsam lernen", das er später mit Methoden des Focusing "Ein neuer Weg der Selbsterfahrung und Veränderung" erweiterte, wollten wir in den beiden letzten Jahren durch seine "Provokative Therapie" aktualisieren. Leider hinderte ihn seine Krankheit, uns diese - und seine Bewältigung des Leidens - in einem letzten Seminar mit uns zu verarbeiten. Trotzdem bildete er sich bis zuletzt in seiner "Ressourcen-Arbeit" weiter.

Ein Zitat aus seinem letzten Brief (vom 4.12.2002) mit dem er uns wieder emotional und materiell unterstützte: "...Für euren Rundbrief danke ich, all die Jahre geben einen guten Überblick über eure unermüdliche Arbeit. Möge sie auch von 'Erfolg' gekrönt sein - das wünsche ich euch auch im neuen Jahr!... Gibt's bei euch nun Schwarz-Grün? Bei uns in Deutschland überlegen sie schon, die 'Grünen'..."

Winfried Bergermann: Focusing. Anleitung zur ganzheitlichen Selbsthypnose. 2000 Carl-Auer-Systeme Verlag. € 12,90.

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Hanna Mandel (Hedwig Rosenberg, 4.6.1927 - 18.2.2003)

Als Jüdin - und als einzige ihrer Familie - überlebte sie elf Monate in den NS-Konzentrationslagern von Auschwitz, Fallersleben und Salzwedel. Seit 1974 ging sie als Zeitzeugin in Schulen - 1994 bei uns in Bad Ischl - und schilderte ihre Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus und über ihr Engagement für ein Leben gegen den Hass. Ihr Text über "Die Verfolgung von Kindern und Jugendlichen" erschien 1993 in "Dachauer Hefte 9". (Alte Römerstr. 75, D-85221 DACHAU).

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Süleyman Capan (gest. im Jänner 2003 in seiner Heimat Türkei)

Anfang der 80er Jahre betreute die Ischler Amnesty-Gruppe ihn und seinen Schwager Bahri Ergün (mit ihren Familien) nach ihrer Haft in türkischen Gefängnissen (wegen linker Gewerkschaftsarbeit). Ihre vielen Schwierigkeiten mit dem Überleben in unserer reaktionären Stadt verminderten sich, als sie in Salzburg (unter anderem in der Beratung von Ausländern) neue Aufgaben fanden, unterstützt auch durch Freunde aus der KPÖ und der Arbeiterkammer.

Matthias und Maria Reichl

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Put on the internet by M. Reichl 23.03.03